Focusing ist am Anfang nicht einfach Focusing. Denn oft herrscht von Anfang an ein extremer Druck, etwas erreichen zu müssen. Alle Bemühungen sich selbst zu explorieren bleiben dann definiert von diesem einen, unausgesprochenen Ziel. In solch einem Fall wirkt Focusing dann wie ein „Trick“, eine „Täuschung“ oder auch etwas, was ich „nicht kann“ oder wozu ich „nicht gut genug“ bin.
Ziele dieser Art sind am Anfang der Reise mit Focusing nicht sichtbar. Sie wirken im Hintergrund, und sie können extremen Druck aufbauen.
Ich denke zum Beispiel an die Situation einer Klientin, die Focusing erlernen wollte um sich mit einer schweren Erkrankung auseinanderzusetzen. Im Focusing tauchte meist nichts auf außer eines unruhigen und ungeduldigen Teils. Es kam das Gefühl auf, Focusing „nicht zu können“.
Erst als klar wurde, dass es diesem Teil darum geht, die Ursache für die Erkrankung zu finden, um wieder gesund zu werden, kam eine große Erleichterung in den Körper. Dieser Wunsch konnte gehört werden und bekam Raum und Erlaubnis. Der extreme Druck konnte dadurch Teil des Gesamtbildes werden anstatt nur im Hintergrund zu wirken (Sie bemerken, dass das, was „Druck“ war, jetzt zu etwas ganz anderem geworden ist).
Es wurde in der Sitzung sofort deutlich, wie riesig die Belastung durch dieses im Hintergrund wirkende Ziel war; und wie entlastend es war, dies in Worte zu fassen und sich dem mit Empathie zuwenden zu können.
Wie also mit extremem Druck umgehen? Aus meiner Erfahrung ist solch ein Druck anfangs nicht direkt als solcher „im“ Focusing wahrzunehmen. Er wirkt einerseits „auf“ das Focusing, also die Art und Weise, wie, wann und wofür ich es einsetze. Oft sind zum Beispiel sehr hoch gesteckte Erwartungen (und entsprechende Enttäuschungen) im Spiel.
Es tritt andererseits gerne als Sprachlosigkeit oder Leere auf, einfach weil das Ziel noch nicht in Worte gefasst ist und deshalb Unsicherheit im Inneren erzeugt. Ohne ein Gefühl der Sicherheit und Akzeptanz werden sich aber keine wichtigen Aspekte in mir zu Wort melden – und es entsteht diese typische Form der frustrierten Leere.
Sobald ich also unzufrieden bin mit der Focusing-Praxis (oder jeder anderen inneren Exploration), kann ich mich dieser Unzufriedenheit oder Ungeduld zuwenden. Dies kann ein schwieriger Schritt sein, denn der Wunsch „das muss doch was sein“ oder „das muss doch was passieren“ kann über einige Zeit lang überwältigend groß sein.
Es ist auch möglich, die erfahrene Leere tiefer zu verstehen; denn Sprachlosigkeit oder Leere z.B. aufgrund einer völligen Verunsicherung fühlt sich völlig anders an als eine Leere, die in einem meditativen Zustand oder in einer „Pause“ auftritt. Dann macht es Sinn, sich der Leere mit der Präsenzsprache zu nähern als „Etwas in mir, das …“