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Tipps & Tricks Nr. 58 – Was kann ich tun, wenn etwas in mir wirklich Trost braucht?

Auf den letzten Tipp Nr. 57 – „Was bedeutet die Bitte, nicht mehr zu trösten?“ hin, stellt jemand folgende Frage:


„Ihren letzten Focusing-Tipp fand ich sehr interessant, da mir gerade gestern beim IR-Focusing das genaue Gegenteil passiert ist. Etwas in mir ließ mich wissen, dass es Wärme und Trost braucht und dass das reine interessierte Zuhören nicht genügt. Es wollte wirklich getröstet werden wie ein weinendes Kind, also gehalten und gestreichelt werden und Kosenamen gesagt bekommen. Dies habe ich dann getan und das fühlte sich irgendwann auch ‚genug‘ an und es war eine ‚Lösung‘ und innere Ruhe eingetreten. Was ist nun richtig?“


Vielen Dank für diese Frage. Ich denke, dies hat einfach damit zu tun, dass Sie grundsätzlich die richtige Reihenfolge eingehalten haben.


Die Reihenfolge ist wichtig: Zuerst Zuhören

Sie haben zuerst einmal zugehört, und dann - im Zuhören - ist der Wunsch nach Trost aufgetaucht. Dieser Wunsch kam zudem nicht von einem anderen Aspekt, der das Leid nicht aushalten kann bzw. etwas in Ihnen aufmuntern möchte. Vielmehr kam der Wunsch nach Trost aus eigenen Stücken von dem Teil selbst.


Wenn solch ein Wunsch also im Zuhören auftaucht, dann ist dies ein wichtiger Moment Ihres Prozesses. Ihnen wird mitgeteilt, was im Moment wichtig wäre. Sie bekommen dadurch die Möglichkeit, dem weiter zu lauschen und Trost zu spenden.


Wer hat den Wunsch nach Tröstung?

Wir können hier also zwei unterschiedliche Dynamiken unterscheiden:

  1. Der Wunsch, selbst getröstet zu werden („Ich wünsche mir, getröstet zu werden. Bitte halte mich, sei bei mir.“) - Dies ist der Teil, dem Sie zuhören und der dann im Zuhören ausdrückt, was er von Ihnen (also: Präsenz) benötigt. Diesem Wunsch steht oft eine entsprechende Reaktion gegenüber, die Sie erleben, sobald Sie in Präsenz sind: Sie sehen das Leid, Sie sprechen Ihr Verständnis aus, Sie halten es, Sie sind bei ihm/ihr, Sie sorgen für es, Sie sprechen mit ihm/ihr. Focusing lehrt keinen kalten, nur beobachtenden Blick.

  2. Der Wunsch, den Anderen zu trösten ("Das wird alles wieder gut! Lass den Kopf nicht hängen! Du bist die Beste!") - Dies wäre ein Teil, der einem anderen Teil etwas aufdrücken möchte, aus Sorge, dass es ihm/ihr schlecht geht - und damit Ihnen als gesamter Person. Solch ein Anteil benötigt Ihre Zuwendung und Verständnis, insbesondere in Bezug auf dessen Sorgen und Ängste.

Wie kann ich erkennen, um welchen Teil es sich handelt?

Den Unterschied zwischen diesen beiden Möglichkeiten können Sie übrigens ganz einfach hören: Bei der ersten Möglichkeit spricht der Teil in "Ich"-Form. Er sagt „Ich brauche das von dir.“ Bei der Möglichkeit Nummer 2 spricht der Teil in "Du"-Form: „Du bist die Beste ...“, „Das ist für dich doch kein Problem“ etc.


Unterschiedliche Herangehensweisen

Teil 1 wäre ein verletzlicher Teil, ein unterbrochener/traumatisierter Lebensprozess, der mitteilt, was er jetzt als nächstes benötigt. Teil 2 ist ein kontrollierender Anteil, der versucht Sie als gesamte Person vor einer bestimmten "Gefahr" zu schützen, indem es tröstet bzw. für einen anderen Teil nach "Tröstung" verlangt (die dieser aber meist gar nicht brauchen kann).


Beide Teile brauchen völlig unterschiedliche Herangehensweisen, die im Inner Relationship Focusing systematisch gelernt werden.

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