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Tipps & Tricks Nr. 42 – Welche Rolle spiele „Ich“ eigentlich im Focusing?

Jemand stellt folgende Frage:


„In meiner letzten Focusing-Sitzung hatte ich einen wichtigen Moment. Ich war in Kontakt mit etwas in mir, das sich genervt und verletzt fühlt und sich leicht zurückzieht. Ich kennen diesen Anteil auch aus meinem Alltag und muss dann immer aufpassen, dass ich dem nicht folge und mich dann ebenfalls genervt zurückziehe. In der Sitzung hatte dieser Anteil eine Qualität von „Weglaufen“; und als ich nachspürte wurde klar: Es ist darauf angewiesen, dass ich stehenbleibe. Dann kann es selbst auch endlich stehenbleiben. Wenn ich es schaffe stehenzubleiben und nicht hinterherzujagen, dann kann es sich endlich zeigen. Ich war überrascht, als „Ich“ auf einmal solch eine wichtige Rolle im Focusing bekam. Mich interessiert es jetzt, wie ich damit im Focusing vertieft weiterarbeiten kann.“


Vielen Dank für diese Frage. Sie beschreiben einen Punkt in Ihrer Focusing-Sitzung, an dem Sie in erster Linie etwas über sich selbst erfahren. Etwas in Ihnen gibt zu verstehen: „Ich bin darauf angewiesen, dass DU endlich einmal stehenbleibst.“ – nur dann kann es sich zeigen. Sie erkennen, wie wichtig Ihre Rolle als Person ist. Es geht nicht nur um „die Teile dort“, sondern um Sie selbst und wie Sie mit sich selbst umgehen.


Ihre Anteile sind darauf angewiesen, dass Sie präsent sind

Die Rolle, die SIE in dem Muster „Ich bin genervt – Ich ziehe mich zurück“ spielen, ist beträchtlich. Denken Sie an die grundlegende Voraussetzung für einen reichen, inneren Dialog, mithilfe dessen Sie zu neuen Lösungen oder Ideen kommen: Die Präsenz.


Präsenz ist Ihre Fähigkeit, mit allem was in Ihnen auftaucht in einem guten Kontakt sein zu können. Anders ausgedrückt: Ihre verschiedenen Anteile sind auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass Sie präsent sind. Sobald Sie präsent sind gibt es Ausdrucks- und Entfaltungsmöglichkeiten für alles, was sich zu einer bestimmten Situation zeigen möchte.


Welche Qualität von Präsenz ist relevant für Sie?

Sie selbst sind die Umgebung, in der sich solch ein Dialog ereignen kann – oder eben nicht. Es ist interessant, die ganz persönliche Ausformung dessen kennenzulernen, was Sie als „Präsenz“ bezeichnen. In Ihrem Fall könnte dies unter Anderem sein: „Stehenbleiben“. Stehenbleiben ist anscheinend eine Präsenzqualität, die für Sie ganz persönlich relevant ist. Wenn Sie innerlich also „stehenbleiben“, dann wird etwas möglich, das vorher noch im Weglaufen und Hinterherjagen gefangen war.


Nehmen Sie sich also Zeit, mit diesem Wort und dem, was es fühlbar bedeutet, Zeit zu verbringen, es zu studieren, sich damit zu verbinden. Sie erarbeiten sich damit eine wichtige Grundlage für alles weitere, was im Focusing möglich sein wird. Vielleicht tauchen weitere Begriffe auf, die bedeutsam wirken und Ihnen helfen, Ihre Hauptrolle im Focusing besser zu finden.


Sie sind gefragt

Ihr Beispiel zeigt außerdem, wie exakt die Aspekte in Ihnen wissen, wie Sie mit ihnen in Kontakt gehen müssten; was benötigt ist. In meiner Erfahrung haben innere Teile oft klare Anforderungen daran, wie vertrauenswürdig, sicher, respektvoll, konsistent oder klar Sie sind. Diese Wünsche hören, berücksichtigen und umsetzen zu können, das kann längere Zeit dauern; Sie kennen es vielleicht auch, wie leicht es ist, in anderen Rollen, Reaktionen und Bewertungen stecken zu bleiben.


Nach einiger Zeit können Sie dann sehen, wie in jedem Prozess bzw. in jedem „Teil“ von Ihnen immer auch eine Aufforderung an Sie enthalten ist: „Sei mit mir im Dialog.“, „Höre zu.“, „Nimm mich ernst.“, „Beziehe mich ein.“, „Lerne, wie du klar, respektvoll, zuhörend, konsistent werden kannst.“


Stehen zu bleiben ist mutig, wenn es der Pflege und Aufrechterhaltung von Präsenz dient – und damit der Entfaltung dessen, was in Ihnen lebendig und im Moment wahr ist.

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