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Tipps & Tricks Nr. 40 – Was tun, wenn es peinlich für mich wird?

Jemand stellt folgende Frage:


„In einer meiner letzten Focusing-Sitzungen kamen Themen hoch, die mir peinlich waren. Mir ist nicht ganz klar, wie ich mit solch einem Thema sein kann; und insbesondere wie ich mit der Begleitung umgehen kann, der ich am liebsten nichts davon mitteilen möchte.“


Vielen Dank für diese Frage. Im Focusing arbeiten Sie letztlich daran, einen inneren Raum zu haben, in dem jegliches Erleben erst einmal so da sein darf, wie es sich eben präsentiert. Dazu gehört auch, wenn es peinlich wird: Und zwar verletzliche Prozesse, die jetzt gerade in Ihrem So-Sein beschämt werden, als auch die Prozesse, die gerade beschämen und bewerten.


Weil Gefühle von Scham so stark sein können und in Beziehung stattfinden, ist es besonders wichtig, sich noch einmal klar zu machen, was die Beziehung zu der Begleitung beinhaltet – und wie Sie selbst in eine gute Beziehung mit sich selbst kommen können.


Die Beziehung zur Begleitung

Die Begleitung braucht prinzipiell von den Details Ihres Erlebens nichts zu wissen. Denn die Aufgabe der Begleitung ist es, einen Raum zu halten, der es Ihnen ermöglicht, bei sich zu sein. Sie können sich im Focusing also jederzeit in Ruhe mit Themen auseinandersetzen ohne davon etwas mitzuteilen. Im Focusing ist es immer Ihre Entscheidung, was und wieviel Sie mitteilen möchten.


Herausfordernder wird es, wenn Sie einen Anteil haben, der solch ein Verhalten (z.B. langes Schweigen, oder nur wenige Details) „unhöflich“ findet und annimmt, Sie müssten für eine gute Unterhaltung sorgen. Dann erleben Sie vielleicht Druck, etwas produzieren zu müssen. Aus meiner Erfahrung ist dies auch ein Zeichen, dass die Praxis des eigenen inneren Handelns noch nicht ausgeprägt genug ist – und Sie letztlich noch zu viel von der Begleitung erwarten oder befürchten. (Diese kann übrigens auch bedeuten, dass Sie mehr brauchen als eine reine Focusing-Begleitung, die Sie ja immer nur auf sich selbst zurückwirft, z.B. Gespräche innerhalb einer Therapie oder eines Coachings)


Die Beziehung zu sich selbst

Wenn Ihnen etwas per se als peinlich erscheint, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Beschämung ist ein wirkungsvolles Mittel der Kontrolle; und Kontrolle steht am Ende einer Kette von Interpretationen und Bewertungen; all dies ist jedoch das Gegenteil dessen, was uns im Focusing interessiert: Direkter Kontakt.


Direkten Kontakt können Sie in diesem Fall entweder mit etwas in Ihnen aufnehmen, das sich beschämt fühlt. Oder mit etwas in Ihnen, das beschämt. Meist wird nur einer dieser Teile gesehen, nämlich der attackierende Anteil.


Um einen besseren Kontakt zu beiden Anteilen bekommen zu können benötigen Sie mehr Präsenz. Versuchen Sie, tatsächlich beide Anteile zu begrüßen und zu beschreiben. Sie selbst treten durch das Beschreiben und Begrüßen schrittweise aus dem Kampf zwischen den beiden Anteilen heraus – und sind so wieder Jemand, der verständnisvoll und wohlwollend begleiten und zuhören kann.

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