„Was denken, die anderen von mir, wenn ich mich so verhalte?“ Diese Frage spielt häufig eine Rolle in der inneren Arbeit, die wir Focusing nennen, und die zu größerer innerer Freiheit, Erlaubnis und Wahlmöglichkeit führt. „Was denken die anderen von mir“ fühlt sich im Focusing oft an wie ein selbst gebautes Gefängnis. Im Kontakt hiermit gilt es aufzupassen und auch im Alltag neugierig und experimentell an die Sache heranzugehen.
In der Phase, in der ich bemerke wie „falsch“ ich mich verhalte und fühle, kann ich einerseits schon (vage) wahrnehmen, was echt ist. Andererseits ist der Druck, wie ich zu sein und wie ich mich zu verhalten habe, noch überwältigend groß.
Die eine Seite fühlt sich wahrscheinlich attraktiv, lebendig, spielerisch an. Es gibt einen Zug oder einen Sog, sich endlich so zu verhalten, wie es stimmig ist. Ein in Warteposition befindliches Aufatmen im Körper.
Auf der anderen Seite herrscht oft Kälte, Bewertung, ein äußerst kritischer Blick, verurteilende Sprache – und der Wunsch, „irgendetwas“ zu sein oder darzustellen, was nicht stimmt – in der Hoffnung, dadurch sicherer, angesehener usw. zu sein.
3 Möglichkeiten, im Alltag zu experimentieren
Ich skizziere hier drei Möglichkeiten, über die Veränderung des eigenen Verhaltens herauszufinden, worum es geht und mehr Präsen zu bekommen.
So entsteht Interesse und die Fähigkeit, mitzugestalten und ergebnisoffen, ohne Druck, Wandel zu initiieren. Diese drei Möglichkeiten können Sie mit Absicht probieren – oder vielleicht Sie erwischen sich dabei, wie durch die innere Arbeit kleine signifikante Veränderungen auch im alltäglichen Verhalten entstehen.
Möglichkeit 1, Unterwerfung: „Ich tue weiterhin so, als ob … und bleibe bewusst dabei, mich nicht stimmig zu verhalten“ - Sie unterdrücken weiterhin die Bewegung, die Sie eigentlich machen möchten; oder das, was Sie eigentlich sagen, schreiben oder tun möchten … und beobachten sich dabei. Wie fühlt sich dies genau an? Was genau ist impliziert? Gibt es Emotionen, die damit verbunden sind?
Möglichkeit 2, Entfernen: „Ich gehe aus der Situation heraus …“ - Sie beenden für den Moment die Situation, in der Sie das Gefühl haben, gefangen zu sein oder sich anders zu verhalten, als stimmig ist. Bemerken Sie, wie bestimmte Anteile, die Ihnen Druck machen, wegfallen oder auf andere Art und Weise ein schlechtes Gewissen etc. produzieren. Wenden Sie sich innerlich den einzelnen Aspekten zu und studieren Sie, wie sich Ihr Erleben verändert.
Möglichkeit 3, Trotzdem: „Ich durchbreche die strengen Vorgaben und Verbote für mein Tun, Sprechen, Körperlichkeit, Bewegung etc in stimmiger Art und Weise in der Situation selbst.“ So riskieren Sie die direkte Konfrontation mit Aspekten, die beschämen und kritisieren.
Vervollständigen des formalen Focusing
Grundlage dieser drei (und weiterer) Möglichkeiten ist die Präsenz und damit Ihre Fähigkeit, sich neugierig und offen im Erleben und Verhalten zu betrachten. Letztlich üben Sie in allen drei Szenarien vor allem Ihre Präsenz: So kann Wandel direkt initiiert werden, um die formalen Focusing-Sitzungen zu vervollständigen und zu unterstützen.
Nehmen Sie sich ernst, wenn Sie merken, dass Sie sich unstimmig verhalten und dadurch in Schwierigkeiten geraten. Etwas in Ihnen weiß, wie es anders gehen kann – und mit der richtigen Art der Aufmerksamkeit lässt sich dies leicht weiterentwickeln.