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Tipps & Tricks Nr. 147 – Die eigene Geschwindigkeit nutzen und schützen

In Focusing-Sitzungen werden gerne zwei Geschwindigkeiten beschrieben. Zum einen sind da die schnellen, oft automatisch ablaufenden Alltagssituationen, sowie der Wunsch, zu schnellen Lösungen zu kommen. Zum anderen gibt es eine Art Eigengeschwindigkeit, die meist deutlich langsamer ist; sowie den Wunsch, mehr Zeit im Spüren und Beschreiben zu verbringen. Wie gehe ich am besten mit der Spannung zwischen diesen unterschiedlichen Geschwindigkeiten um?


Die Diskrepanz zwischen diesen beiden Geschwindigkeiten im Alltag wahrnehmen zu können ist der Schlüssel, um das eigenen Erleben schützen und, bei Bedarf, einbringen zu können.


Habe ich meine Aufmerksamkeit hauptsächlich bei den Bedürfnissen Anderer, lebe ich also außerhalb meiner Geschwindigkeit, so bin ich in der Gefahr, mich selbst gar nicht mehr wahrnehmen zu können. Ich komme in Spannung und Stress, weil ich Allem folge außer mir selbst.


Dies merke ich auch nach einem solchen Arbeitstag: Komme ich beispielsweise nach der Arbeit nach Hause und habe mich dort hauptsächlich nur angepasst, so ist es schwierig, mich wieder mit mir selbst zu verbinden. Ich bin nicht mehr verbunden mit meiner eigenen Geschwindigkeit. Wer schon mal versucht hat, abends zu meditieren, kennt dieses Problem: Es dauert längere Zeit, bis ich überhaupt bei mir ankommen – wenn es denn überhaupt gelingt.


Bin ich mir stattdessen während schneller Abläufe und Interaktionen zusätzlich bewusst, wo mein Körper sich befindet, wie ich atme und wie es sich anfühlt hier zu sein, dann bin ich innerlich verbunden und auf eine gewisse Art „langsam“. Ich kann dann leicht merken, wie ich innerhalb einer Interaktion mit meinem Kollegen von mir selbst weggezogen werde. Ich nehme dann wahr, wenn ich in der Gefahr bin, „Ja“ zu sagen, obwohl ich eigentlich „Nein“ sagen möchte.


Bin ich in diesem Sinne mehr bei mir, so kann ich meine Gedanken und Gefühle klar formulieren und Anderen auch viel besser zuhören. Ich kann dann in einem Treffen wirklich hören, was jemand zu mir sagt und versuchen, dessen Perspektive zu verstehen. Gleichzeitig kann ich formulieren, wo genau die Differenz zwischen unseren Standpunkten liegt, ohne abwertend zu sein.


Kann ich also in Kontakt sein mit meiner Eigengeschwindigkeit, so komme ich aus der Spannung heraus, die entsteht, wenn ich mich nur anpasse. So nutze und schütze ich mein Erleben und werde zu einem echten Gegenüber.

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