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Nr. 187 – Wenn Annahme sich wie Kapitulation anfühlt

Annahme ist nicht gleich Annahme. Je nachdem, vor welcher Aufgabe im Innern Sie stehen, kann die Annahme der beteiligten Gefühle und Gedanken beispielsweise etwas Wunderschönes und lang Ersehntes sein, zu einem Kraftakt werden, oder sich wie Kapitulation und Hoffnungslosigkeit anfühlen. Was bedeutet es, wenn Annahme sich so ungewöhnlich anfühlt, wie z.B. eine Kapitulation?


Kontrolle im Fühlen, Denken und Handeln Stellen Sie sich vor, Ihre Aufgabe ist es zu kontrollieren. Sie müssen kontrollieren, was gefühlt werden darf, wie gefühlt werden darf.

Sie müssen kontrollieren, was gedacht werden darf, und was es nicht geben darf; und Sie müssen für Erfolg sorgen, damit auch in den Augen der anderen „für alles“ gesorgt ist.

Ihre Aufgabe ist es also, Sicherheit herzustellen und gleichzeitig perfekt und erfolgreich zu funktionieren, koste es was es wolle. Dafür arbeiten Sie Minute für Minute, Stunde für Stunde, tagein und tagaus, dauerhaft, zeitlebens.

Was vergessen wurde Stellen Sie sich weiter vor, dass Sie vergessen haben, worum es eigentlich geht. Die Unsicherheit.

Die Unsicherheit im Leben, das Unvorhersehbare, die Endlichkeit des Lebens; die Erfahrung des plötzlichen Todes eines geliebten Menschen; der Kontrollverlust im Angesicht überbordender Gefühle; die Verletzungen im Innern und die eigene Hilflosigkeit; Ohnmacht; Blackout vor der versammelten Klasse; die Trennung der Eltern; schimpfende und wütende Eltern; existentielle Angst.

Das untergeordnete Leben Es gibt so viele Beispiele; und alles haben gemeinsam: Die Herstellung von Sicherheit und das Funktionieren hat höchste Priorität, ohne dass Sie wissen, worum es eigentlich geht.

Das ganze Leben hat sich dem unterzuordnen, und so wird das Leben kontrolliert bis hin zur Arbeitswut, zur Betäubung und zum „Weiter-so“.

Erwachendes Interesse Wenn jetzt, an dieser Stelle, ein Interesse an dem Inneren entsteht, dann fahren Sie – im Focusing zum Beispiel – in voller Fahrt gegen eine Mauer.

Diese Mauer sagt: „Was soll das? Da kommt doch nicht bei raus!“ und Sie fühlen vielleicht eine starke Ungeduld, einen Druck oder einen Sog. Lieber alles andere als das hier.

Annahme und Akzeptanz Manchmal, wenn dann jemand an dieser Stelle doch weitergeht, entstehen Akzeptanz und Annahme.

Sie können dann auf einmal sehen, ohne dass dies von außen erzwungen werden kann, dass es unmöglich ist, etwas an diesem Grundgefühl der Unsicherheit, das ganz tief vergraben ist, zu ändern. Sie können auf einmal sehen, dass Ihr Leben in vielen Aspekten einfach so ist: Nicht vorhersehbar. Nicht erklärbar.

Anstatt in Arbeitswut zu verfallen oder die Gefühle kontrollieren zu müssen, eröffnet sich die Möglichkeit, anzunehmen was ist, inklusive der Traurigkeit, der Angst oder wie auch immer etwas in Ihnen reagieren mag.

Die Kapitulation Am deutlichsten ist aber meist das, was aufhört: Das innere Kämpfen und Ringen, das Ziehen und Zerren; das Zusammenziehen und Wegdrehen; die Idee, dass wenn ich etwas, das sowieso da ist und in mir wirkt dadurch besser wird, dass ich es kontrolliere und vergesse.

Im Moment der Annahme, wenn möglich wird, dass es mehr gibt als die Kontrolle, dann fühlt Annahme sich an wie Kapitulation. Etwas in Ihnen hat kapituliert und hat aufgehört zu kämpfen. Es merkt vielleicht: Jetzt ist da jemand, Sie, die dieses Leben so wie es ist zumindest einmal anschauen und aushalten kann; jemand, der sich Zeit nimmt.

Nach der Kapitulation ist die innere Welt eine andere, in der neue Beziehungen möglich sind, die vorher nicht möglich gewesen wären. Viel Freude beim Entdecken!


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