Die Wirksamkeit in meinen Beziehungen, sei es im Arbeitskontext oder privat, hängt davon ab, wie wenig ich mir selbst im Weg stehe. Komme ich mit meinen eigenen Reaktionen klar, so kann ich auch in Konflikten klar sehen. Gelingt mir dies nicht, ende ich mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer engen, bewertenden, nicht hilfreichen Sichtweise. Woran kann ich solch eine enge Sichtweise erkennen? Wie kann ich damit im Focusing arbeiten, ohne in innere Kämpfe zu abzugleiten?
Eine zu enge Sichtweise erkenne ich daran, dass im Focusing strenge Gebote und Verbote auftauchen. Daraus entbrennt über die Zeit ein ständiger innerer Konflikt, der mehr und mehr Raum einnimmt.
Starre Gebote
Für die Arbeit im Focusing ist es hilfreich, diese konkret formulieren zu können. Gebote tauchen gerne in zwei Formen auf, als eine Seite eines inneren Kritikers:
„Du musst …“ und
„Du solltest …“
Starre Verbote
Direkt damit verbunden ist der Zwilling des Gebots, das Verbot. Denn was so dringend sein oder getan werden „muss“ ist deshalb so dringend, weil etwas anderes auf keinen Fall sein oder getan werden darf.
„Du darfst auf keinen Fall …“
Gebote und Verbote können Sie leicht als andauernden inneren Kampf erleben, als Einschränkung Ihrer Möglichkeiten, als Druck sich endlich „richtig“ entscheiden zu müssen oder sich „ein für alle Mal“ auf die „wahre“ Seite stellen zu müssen.
Wut und Trauer, die nicht aus dem Kampf oder Dilemma führen
Tatsächlich entsteht dadurch ein Zustand, in dem Sie, meist auf der Seite des Gebots stehend, Wut und Trauer erleben und sich in Ihren Beziehungen nicht vom Fleck rühren können.
Es ist nicht möglich, neue Möglichkeiten sehen zu können. Sie sind darin gefangen und festgefahren, und auch die Bearbeitung der Gefühle führt zu nicht viel.
In diesem Zustand gefangen zu sein wird oft beschrieben als
Wertekampf, z.B. Hierarchie gegen Freiheit, Druck und Gegendruck
Wertedilemma, z.B. entweder Paragrafenreiterei oder Trödelei, keine anderen Möglichkeiten
Achten Sie im Focusing auf die Wortwahl, die Tonlage und den Kontext, so fällt auf, dass in diesen Werten oft etwas „absolutes“ und „starres“ steckt – und eine implizite, gegenseitige Abwertung.
Lebendige Werte
Kann ich diese grundlegenden, sich gegenseitig ausschließenden Sichtweisen anfangen zu sehen und in mir verorten, so öffnen sich neue Möglichkeiten der inneren Arbeit.
Im weiteren Verlauf des Focusing wird es möglich, lebendige Werte zu erarbeiten, die nicht nur auf dem inneren Kritiker beruhen. Sie erkennen solch einen Wert daran, dass dieser sich lebendig und gut anfühlt und vor allem: ohne Abwertung einer anderen Seite Ihrer Person (oder einer anderen Person) auskommt.